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Machtstrukturen im Yoga-Unterricht

Aktualisiert: 27. Okt. 2023


Übersetzung: Cori Mackrodt

In der Yoga-Klasse wird Macht ausgeübt …


1. … wenn Informationen und Ansagen in einer Weise vermittelt werden, die die Yoga-Lehrer*innen als Expert*innen darstellen, die es besser wissen als ihre Teilnehmer*innen und so deren Handlungskompetenzen untergraben.


2. … wenn Ratschläge und Instruktionen im Modus von Befehlen erteilt werden und dadurch der Fähigkeit der Teilnehmer*innen, sich mit ihren Gefühlen und Erfahrungen zu verbinden, keinen Raum gegeben wird; diese Art von Top-down-Anweisungen stellt das Recht und die Kompetenz der Teilnehmer*innen in Frage, den eigenen Körper auf die je eigene und individuelle Weise zu erleben.


3 … wenn Yoga-Lehrer*innen ohne Kenntnis und Berücksichtigung der tieferen geistigen und emotionalen Bedürfnisse der Teilnehmer*innen ungefragt Ratschläge erteilen.


4. … wenn der Eindruck erweckt wird, dass bestimmte Yoga-Stellungen nur einem Kreis eingeweihter Yoga-Lehrer*innen zusteht, und diese mit absoluter Autorität darüber bestimmen, was die Schüler praktizieren dürfen und was nicht.


5. … wenn die durch die Unterrichtssituation gegebene Machtdynamik nicht anerkannt und diese Macht nicht zugunsten der Teilnehmer*innen umverteilt wird.

6. … wenn Glaubenssätze etabliert und aufrecht erhalten werden, dass Yoga-Lehrer*innen die Körper ihrer Teilnehmer*innen besser kennen als diese selbst.


7. … wenn eine Sprache verwendet wird, die bei den Teilnehmer*innen Angst, Hilflosigkeit und Zweifel hervorruft.


8 … wenn mit Ausdrücken „sei positiv“, „sei entspannt“, „sei glücklich“ den Teilnehmer*innen vorgegeben wird, wie sie sich fühlen sollen; wenn Yoga-Lehrer*innen vorschreiben, wie sich Yoga anfühlen sollte, „tief“, „entspannt“, „ruhig“, „still“ oder „gut“, geben sie den Erfahrungen ihrer Teilnehmer*innen keinen Raum.


9 … wenn Missbrauchsfälle in verschiedenen Yoga-Gemeinschaften verschwiegen oder verharmlost werden.


10. … wenn mit Bildern oder Vorstellungen gearbeitet wird, die traumatisierte Menschen triggern können.


11. … wenn ein Unterrichtsklima geschaffen wird, in dem kritisches Denken, Hinterfragen oder Meinungsverschiedenheiten keinen Raum haben


12. … wenn Yoga-Lehrer*innen und -Therapeut*innen ihre Handlungskompetenzen überschreiten, indem sie ohne entsprechende Ausbildung Diagnosen stellen und Therapievorschläge unterbreiten.


13. … wenn der Eindruck vermittelt wird, körperlich anspruchsvolle Yoga-Asanas seien „fortgeschrittenes“ Yoga und die Teilnehmer*innen diese Haltungen als Ziele des Yoga vorgegeben werden.


14 … wenn der Eindruck aufrecht erhaltenen wird, dass nur bestimmte Körpertypen „Yoga-Körper“ seien - jung, schlank, weiß, beweglich -, und Yoga der Weg sei, sich diesen „Schönheitsidealen“ anzunähern.


15. … wenn der Yoga-Unterricht zu einer Verkaufsshow umgestaltet wird und unlautere Vertriebsmodelle eingeführt werden.

16 … wenn die Ausbildungshintergründe der Yoga-Lehrer*innen nur unklar und unvollständig kommuniziert werden, so dass die Interessent*innen keine fundierte Entscheidung treffen können.


17. … wenn unrealistische Ergebnisse versprochen werden, wie z.B. „der Rücken wird geheilt“, „das Leben wird für immer verändert werden“.

18. … wenn ungefragt und ohne Freigabe Fotos der Teilnehmer*innen zu Marktingzwecken veröffentlicht werden.


19. … wenn Yoga-Lehrer*innen mit nur geringer Erfahrung für den Unterricht auch großer Klassen eingesetzt werden, was das Verletzungsrisiko erhöht.


20. … wenn Klassen mit einer großen Zahl von Teilnehmer*innen und einem breiten körperlichen Spektrum abgehalten werden, ohne dass die Lehrkraft dafür qualifiziert ist.


21. … wenn bei den Teilnehmer*innen Ängste vor Bewegungen oder Stellungen geschürt werden anstatt sie zu einer sicheren Entdeckung für sich selbst anzuleiten.

22. … wenn Übungen vorgegeben werden, die die Fähigkeiten der Schüler übersteigen, ohne die Möglichkeit, sie zu verändern oder Alternativen auszuprobieren.


23. … wenn auch in großen Klassen körperlich anspruchsvolle Asanas unterrichtet werden; da man hier nicht in der Lage ist, jeden Schüler zu beobachten oder im entscheidenden Moment hilfreiche Änderungen anzubieten, steigt das Verletzungsrisiko.


24. … wenn die Teilnehmer*innen immer nur ermutigt werden, ihre Grenzen auszuloten, ohne gleichzeitig zu betonen, dass es zum Grenzen-Ausloten gehört, im richtigen Moment zu stoppen.


25. … wenn sportliche Leistungen oder das „Erreichen“ von Asanas gelobt wird, ohne eine Vorstellung davon zu haben, wie es sich für die Teilnehmer*innen tatsächlich angefühlt hat.


26. … wenn subtil einordnende oder herabsetzende Sprache eingesetzt wird, wie z.B.: „fordere dich in der Stellung Y heraus“, „für eine schwierigere Option versuche X“, „ruhe dich einfach in der Kinderhaltung aus“ oder „du kannst dich einfach ausruhen“.


27. …. wenn Wendungen wie „alles geschieht aus einem bestimmten Grund“ oder „deine Gedanken manifestieren deine Realität“ gebraucht werden, die in ihrer verdrehten Logik, den Schmerz von Menschen mit einer traumatischen und tragischen Vorgeschichte nicht anerkennen.


28. … wenn vorausgesetzt wird, dass eine Berührung durch Yoga-Lehrer*innen auch ohne Zustimmung angemessen ist.


29. … wenn den Teilnehmer*innen nicht ausreichend Zeit und Raum gegeben wird, diese abzulehnen.


30. … wenn Yoga-Lehrer*innen Berührungen nicht begründen.


31. … wenn die Teilnehmer*innen ohne vorherige Ankündigung oder Zustimmung zu Partnerübungen aufgefordert werden, die gegenseitige Berührungen beinhalten.


32. … wenn unangekündigt und unabgesprochen neue Elemente in den Unterricht eingeführt werden, z.B. gemeinsames Singen, Klangbaden, Tanz.


Und noch zum Thema kulturelle Aneignung - von dieser kann gesprochen werden:


33. … wenn hinduistische und/oder buddhistische Symbole zur Dekoration von Yoga-Räumen verwendet werden, um diesen ein Ambiente von Schönheit, Exotik, Magie und Geist verleihen, ohne aber die mit ihnen verbundenen Lehren und Gottheiten authentisch zu ehren.


34. … wenn die spirituellen, hinduistischen, indischen und sonstigen indigenen Wurzeln des Yoga durch White-Washing ausgelöscht und die Geschichte des Yoga um diese Dimensionen verkürzt wird.

35. ... wenn weiße, schlanke und bewegliche Yoga-Lehrer*innen als yogische Idealkörper präsentiert werden.





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